TV Moderatorin Esther Sedlaczek: „Wir brauchen mehr Sichtbarkeit für Frauen“

Esther Sedlaczek

Kinder und Karriere – das geht nicht? Oh doch! Bestes Beispiel: Esther Sedlaczek. Sie engagiert sich für Superheldin. Im Superheldin Interview spricht die Moderatorin über klassische Rollenverteilung, Erwartungsdruck und große Visionen.

Warum engagieren Sie sich für Superheldin?

Ich weiß, seitdem ich Kind bin, welche Herausforderungen es birgt, Familie und Beruf zu vereinen. Ich bin mit einer alleinstehenden Mama großgeworden, die sehr viel gearbeitet hat. Heute bin ich selbst Mutter und habe – neben meinem Mann und meiner Familie – auch tolle Unterstützung von meinem Arbeitgeber. Ich selbst bin also in einer sehr privilegierten Situation, ich weiß aber, dass es bei zu vielen Frauen anders ist. Noch immer werden Frauen in der Berufswelt benachteiligt, daher nutze ich gerne meine Stimme und setze mich für die Stärkung der Frauen ein.

Warum braucht es Unternehmen wie Superheldin?

Unternehmen wie Superheldin schaffen Awareness und Sichtbarkeit für das Thema und die Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben. Dass die Gründerin Sandra Westermann und ihr Team Frauen unterstützen, (wieder) ins Berufsleben einzusteigen, ist eine großartige Sache.

Welche Bedingungen müssen Unternehmen schaffen, damit Frauen die Chance haben zu arbeiten?

Unternehmen müssen Flexibilität zeigen, um auf die Bedürfnisse einer Mutter oder einer Schwangeren einzugehen – bei allem Druck, dem die Unternehmen ausgesetzt sind. Und, egal, ob Frauen schon Mama sind oder vielleicht noch Mama werden: Es darf nicht sein, dass sie in Unternehmen anders behandelt oder berücksichtigt werden. Ich hatte als Selbstständige das große Glück, selbst entscheiden zu können, welch Aufträge ich als Schwangere annehmen möchte – bei vielen Freundinnen war das anders, ihnen wurde die Entscheidung abgenommen, was sie noch leisten können und dürfen. Was ich auch wichtig finde: Wenn Frauen aus der Elternzeit kommen, darf man sie nicht unterfordern.

Sind Frauen ein Teil der Lösung, wenn wir über Fachkräftemangel diskutieren?

Mit Sicherheit. Uns wurde über Jahrzehnte ein bestimmtes Frauenbild vermittelt. Frauen meinen oft, allem gerecht werden zu müssen – 100 Prozent Mama sein, 100 Prozent im Job geben. Das funktioniert nicht. Was entsteht dadurch? Unfassbar viel Unsicherheit. Die Erwartungshaltung von außen überträgt sich und hindert viele Frauen daran, sich für Jobs zu bewerben. Es fehlt ihnen an Selbstvertrauen, sie haben Angst vor Absagen. Dabei bin ich mir sicher, dass sie ihre Arbeit hervorragend erfüllen würden.

 

Esther Sedlaczek über Frauen in der Berufswelt
Esther Sedlaczek über Frauen in der Berufswelt

Was genau können Frauen besser?

Empathie. Diplomatie. Auf persönliche Bedürfnisse eingehen. Frauen sind sehr lösungsorientiert. Übrigens geht es meiner Meinung nach nicht darum, sich nur auf die Seite der Frauen zu stellen. Beide Seiten sich wichtig und nur zusammen kann es funktionieren. Das Problem ist die Dysbalance, die aktuell in weiten Teilen immer noch herrscht und die wir beseitigen müssen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihrem Arbeitgeber – der ARD – gemacht?

Sehr, sehr gute. Nur ein Beispiel: Während der Fußball-WM 2022 in Katar hatte ich die Möglichkeit mit der Unterstützung der ARD, meine Kinder mitzunehmen. Natürlich habe ich abgewogen, ob und wie das Sinn macht. Am Ende des Tages hat alles super funktioniert und ich konnte einen großen beruflichen Traum verwirklichen – und hatte dennoch meine Kinder um mich. Übrigens hat mich meine Mutter als Kind auch mit zur Arbeit genommen hat, ich habe es geliebt. Meine Mutter hat bei „Vera am Mittag“ gearbeitet, ich saß mit in der Redaktion und habe mich hinter den Kulissen beschäftigt. Mich hat das geprägt. Dass das nicht in jedem Job möglich ist, ist klar. Aber Arbeitgeber müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit Frauen die Möglichkeit bekommen, ihren Beruf ausüben zu können und darin erfolgreich zu sein.

Man sagt, es braucht ein Dorf, um Kinder großzuziehen und gleichzeitig berufstätig zu sein. Ist das bei Ihnen auch so?

Natürlich, es würde anders nicht funktionieren. Ich habe Unterstützung – von meinem Mann, meiner Mutter, meinen Schwiegereltern, außerdem haben wir Babysitter. Ich bin dahingehend sehr privilegiert, bei vielen anderen stellt sich die Situation anders dar. Umso mehr braucht man Arbeitgeber, die auf die Bedürfnisse von Familien eingehen.

 Also keine klassische Rollenverteilung bei Ihnen zu Hause?

Nein, ich spreche mich mit meinem Partner sehr genau ab, wer was wie macht, welche Termine anstehen. Die Gesellschaft muss sich von der klassischen Rollenverteilung mehr und mehr lösen. Wenn beide im Berufsleben stehen und Karriere machen, müssen beide die Verantwortung tragen – immerhin hat man sich als Paar für Kinder entschieden. Natürlich wird es immer Zeiten geben, in denen der eine als Elternteil mehr gefordert ist als der andere. Grundsätzlich darf es jedoch nicht so sein, dass nur die Frau zurücksteckt, wenn es um die Elternzeit geht, wenn Kinder krank sind oder wenn es um Zeiten auf dem Spielplatz geht. Spannend ist: Wir sind in einem eher klassischen Rollenmodell groß geworden, leben nun aber in einer Zeit, in der sich Frauen mehr und mehr Freiheiten erarbeiten. Mein Auftrag ist, hier ein Stück Vorarbeit zu leisten – auch für meine Tochter. Wenn sie einmal Familie und Kinder möchte, soll Elternschaft so aufgeteilt ein, dass es keine Diskussionen im Privat- und Berufsleben mehr gibt.

Haben oder hatten Sie als berufstätige Mutter mit Schubladendenken und Stereotypen zu kämpfen?

Selbstverständlich. Aber ich bin immer überzeugt gewesen von meinem Weg. Durch meine Mutter habe ich viele Selbstverständlichkeiten in mir getragen – und ich habe immer die Freiheit gegeben, selbst zu entscheiden, wann und wie ich arbeite. Nach der Geburt meiner Kinder habe ich es jedes Mal genossen, wieder vor der Kamera zu stehen. Es war mir ein inneres Bedürfnis. Aber selbstverständlich kamen Kommentare wie: „Mach mal langsam.“ Mit solchen Anmerkungen und Diskussionen beschäftige ich mich jedoch nicht.

Also eine Frage des Mindsets?

Schon, aber auch der Erziehung. Für mich war immer klar: Mein Körper, meine Kinder, meine Regeln, meine Entscheidungen. Ich bin ein sehr fürsorglicher Mensch und besitze ein sehr, sehr sensibles Empfinden für meine Kinder. Ich schaue auf meine Kinder und auf mich. Wenn meinen Kindern irgendetwas fehlt, dann sage ich auch Aufträge ab.

Hat sich Ihr Berufsleben verändert, seit Sie Mutter sind?

Natürlich – in vielerlei Hinsicht. Es ist anstrengender, weil du keine Pause hast. Du arbeitest, das macht dir viel Spaß, du bist gefordert. Dann kommst du nach Hause, das macht dir auch viel Spaß, du bist auch gefordert. Dafür brauchst du Energie. Heute bringt mir meine Arbeit noch mehr Freude als früher, weil ich sie viel mehr genießen kann. Außerdem kann ich viel mehr relativieren, mir Fehler besser verzeihen. Und ich arbeite inzwischen weniger – auch das hat sich verändert.

Wann und wie müssten Sie den größten Spagat zwischen Kindern und Karriere machen?

Der Spagat, auf allen Seiten immer 100 Prozent zu funktionieren. Ich habe für mich akzeptiert, dass ich nicht allem gerecht werden kann, und ich glaube, mir gelingt es, Kinder und Karriere zu vereinen.

Ihre drei goldenen Regeln für berufstätige Frauen?

  1. Großzügig mit sich selbst sein – und sich selbst auch mal schlechte Tage zustehen. Das schlechte Gewissen wird dich als Mutter immer verfolgen.
  2. Für sich einstehen, im Berufsleben und in der Partnerschaft. Nie vergessen zu betonen: Ich kann das und ich will das.
  3. Nicht aufgeben, dranbleiben und sich nicht kleinkriegen lassen von Menschen, die nicht an dich glauben.

Brauchen wir mehr Role Models – also mehr berufstätige Frauen, die darüber sprechen wie und dass geht?

Es gibt schon einige Role Models, aber wir brauchen noch mehr davon. Ich wünsche mir, dass Frauen offen sagen: „Es ist manchmal verdammt schwierig, das alles zu wuppen.“ Man kann alles schaffen, indem man sich Selbstvertrauen erarbeitet und sich ein Umfeld an Menschen kreiert, das einen unterstützt. Den Mut, den ersten Schritt und ins Berufsleben zu gehen, muss man jedoch selbst aufbringen.

Wie sieht eine ideale Welt aus, in der Unternehmen wie Superheldin überflüssig sind?

Ich wünsche mir Respekt und Anerkennung für das, was Frauen Tag für Tag leisten. Außerdem wünsche ich mir Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Schwangerschaft und Muttersein dürfen bei Frauen nicht zu einem Schwachpunkt gemacht werden. Das ist unfassbar unfair. Jede Frau, die ein Kind auf die Welt bringt, ist für mich die größte Heldin aller Zeiten. Wenn sie es dann noch schafft, Beruf und Kinder zu vereinen, ziehe ich meinen Hut.

Esther Sedlaczek mit dem Superheldin Team
Gemeinsam für Vereinbarkeit: Esther Sedlaczek mit dem Superheldin Team. Fotograf: Stefan Mirbeth; https://www.instagram.com/stefan_mirbeth_photography/

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