Jobsharing: eine familienfreundliche Karriere-Alternative

Jobsharing: eine familienfreundliche Karriere-Alternative

In der heutigen Arbeitswelt sind Flexibilität und Innovationen wichtiger denn je. Jobsharing ist ein Weg, diese beiden Faktoren hervorragend zu kombinieren.

Doch was steckt eigentlich hinter diesem Modell? Wir haben bei JOYntLEADING® nachgefragt, ein Beratungsunternehmen, das sich auf dieses Arbeits- und Führungsmodell spezialisiert hat.

Was ist Jobsharing?

Jobsharing ist ein flexibles Arbeitsmodell, bei dem in der Regel zwei Personen gemeinsam auf einer Jobposition arbeiten, so dass sie ein Tandem bilden. Auf Management- oder Spezialisten-Ebene teilen sich ZWEI Manager:innen oder Expert:innen EINE Führungs- oder Spezialistenrolle. Dies nennen wir Joint Leadership. Beides ist in Teilzeit oder Vollzeit möglich und werden die Stellenanteile addiert, ergibt dies häufig mehr als eine 100 % Stelle.

Synonyme für Jobsharing auf Führungsebene sind Co-Leadership, Doppelspitze, Topsharing oder Joint Leadership.

 

Sind wirklich auch Führungspositionen im Jobsharing möglich?

Definitiv! Aus unserer Sicht ist dies sogar ein ganz großer Vorteil dieses Modells – es lässt sich auf allen Hierarchiestufen, in allen Branchen und bei sämtlichen Unternehmensgrößen etablieren, also auch und gerade auf Führungsebenen – im Projektmanagement, in der Teamleitung bis zur Geschäftsführung und zum Vorstand. Sowohl verschiedene Studien als auch unsere Erfahrung zeigen: Wird Jobsharing auch für Führungspositionen in Betracht gezogen, erhöht sich der Pool der potenziellen Kandidat:innen erheblich. Klar, denn dadurch werden mehr Menschen für Vollzeitstellen in den Blick genommen, die gerne in Teilzeit arbeiten wollen und deshalb weder von sich aus für eine Vollzeitstelle offen gewesen noch für eine Vollzeitstelle seitens des Unternehmens berücksichtigt worden wären. Ein Gewinn sowohl für das Unternehmen als auch für alle, die aus ganz unterschiedlichen Gründen Teilzeit arbeiten möchten.

 

Bedeutet Jobsharing, dass eine:r vormittags und eine:r nachmittags arbeitet oder wie sieht das in der Praxis aus?

Jobsharing kann auf verschiedene Weise organisiert werden. Es gibt tatsächlich Modelle, bei denen eine Person vormittags arbeitet und die andere Person nachmittags, doch das ist eher die Ausnahme. In der Praxis teilen sich die Jobsharer:innen oft die Woche oder den Monat auf. Die meisten Tandems, die wir begleitet haben, sagen, dass sich für sie das Modell, bei dem beide an 3 oder 4 Tagen in der Woche arbeiten, so dass es jeden Tag eine:n Ansprechpartner:in gibt, bewährt hat. Und an mindestens einem Tag sind beide da, um gemeinsam Termine wahrzunehmen, Absprachen zu treffen etc. Auch hier gibt es nicht DAS eine Modell, sondern es kann flexibel auf die vorhandenen Bedürfnisse angepasst werden. Wie die Tandem-Modelle unterschieden werden können, haben wir in diesem Blogartikel zusammengefasst.

 

Was kann ich als Unternehmen tun, um meine Mitarbeiter:innen im Jobsharing zu unterstützen?

Unserer Erfahrung nach ist es besonders wichtig, den Tandems viel Flexibilität und Freiraum zu ermöglichen. Kombiniert mit der Bereitschaft, neue, vielleicht auch ungewohnte Wege zu gehen. Dies bietet dem Tandem die Chance, dass sie das Arbeitsmodell so gestalten, wie es gut zu den Interessen des Unternehmens und zu ihren persönlichen Bedürfnissen passt. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Tandem sich selbst überlassen bleibt. Wir empfehlen, besonders die ersten Tandems in einem Unternehmen aus unterschiedlichen Richtungen zu supporten: Oberstes Management, HR/Diversity, IT und viele mehr können und sollten Jobsharing unterstützen, um es erfolgreich zu machen. Das beginnt im Recruiting-Prozess, in dem sich potenzielle Partner:innen schon VOR Vertragsunterzeichnung persönlich kennenlernen sollten. Auch ist es wichtig, dass Tandems eine:n feste:n Ansprechpartner:in im Unternehmen für Fragen rund um die Jobsharing-Praxis haben. Tandem-Coaching oder Tandem-Kompetenz-Training hilft Doppelspitzen, schnell zu einer hohen Tandem-Performance zu gelangen.

Die ersten Tandems sollten wirklich „fliegen“. Denn scheitern sie, besteht das Risiko, dass die Akzeptanz für dieses Modell und damit die Jobsharing-Idee verbrennt – und viel verbrannte Erde im gesamten Team übrigbleibt.

 

Was sind die Vor- und Nachteile von Jobsharing?

Jobsharing bietet für alle Beteiligten eine Reihe von Vorteilen:

Jobsharing ermöglicht es Mitarbeitenden, ihre Arbeitszeit flexibel zu gestalten. Stichwort Vereinbarkeit. Es erleichtert somit, beispielsweise den Job mit Familien- und Pflegeaufgaben oder auch der Freizeitgestaltung gut unter einen Hut zu bekommen. In den meisten Fällen steigert eine höhere Flexibilität die allgemeine Arbeitszufriedenheit. Zufriedene Mitarbeiter:innen sind in der Regel produktiver und weniger anfällig für Burnout und Krankheit. Zudem fühlen sie sich ihrem Unternehmen verbunden und sind weniger wechselbereit. Ein sehr unterschätzter Vorteil vor allem für Unternehmen liegt in der Tatsache, dass durch die Zusammenarbeit im Tandem verschiedene Perspektiven, Kompetenzen und Fähigkeiten zusammengeführt werden können, was häufig zu kreativeren Ergebnissen und damit zu einem höheren Maß an Innovation führt. Außerdem können die Partner:innen voneinander lernen und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten teilen. Denn: wenn zwei Menschen sich eine Job-Rolle teilen, bedeutet das, dass sie ihre Arbeit untereinander nach ihren Stärken und Fähigkeiten aufteilen und somit effektiver organisieren können. Auch dadurch werden Tandems häufig produktiver. Und natürlich: Bei Krankheit oder Urlaub eines Jobsharing-Partners kann der Partner oder die Partnerin einspringen oder ist so tief in den Themen drin, dass durch ein Repriorisieren der Gesamtaufgaben wichtige Projekte weiterlaufen können, so dass die Kontinuität der Arbeit sichergestellt wird. Durch Jobsharing kann außerdem eine diversere Belegschaft aufgebaut werden, beispielsweise durch altersgemischte Tandems oder auch eine faire Genderverteilung unter den Führungskräften.

Herausforderungen statt Nachteile

Statt Nachteile sehen wir eher Herausforderungen, die es auch im Jobsharing gibt. Dabei lassen sich 3 Ebenen unterscheiden: das Tandem selbst, das Tandem und ihr Umfeld und organisationsbezogene Herausforderungen.

Das Tandem sollte eine gute Kommunikation aufbauen, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden, dazu gehört auch die Bereitschaft zur offenen Selbstreflexion. Wir empfehlen dem Tandem auch, ein Konzept für ihre Arbeitsorganisation zu entwickeln, um Transparenz zu schaffen. Hierzu zählt beispielsweise wann, in welcher Form und mit welchen Tools sich die beiden abstimmen aber auch Regelungen zum Umgang mit E-Mails, die sich auf die gemeinsame Rolle beziehen (Wer antwortet wann? Gibt es eine gemeinsame E-Mail-Adresse?) oder auch der Umgang mit Terminanfragen sollte Teil des Konzepts sein.  Das Auftreten nach außen muss wirklich sehr gut abgestimmt und einheitlich gestaltet sein.

Dieser Tipp ist auch relevant für das Zusammenspiel zwischen dem Tandem und ihrem Umfeld und gilt für alle Bereiche, also sowohl wenn Mitarbeitende geführt werden als auch gegenüber Kunden oder der Chefin bzw. dem Chef etc. Wir beobachten immer wieder, dass auch die Organisation bereit sein sollte, neue Wege zu gehen. Dabei kann für erste Tandems und HR-Verantwortliche der Aufwand zu Beginn etwas größer sein, weil manche Fragen zum ersten Mal beantwortet werden müssen (z. B. wie kann das Tandem-Recruiting als auch ein Tandem-Matching erfolgreich gelingen und was ist dabei unbedingt zu beachten?). Werden hier wichtige Bedingungen berücksichtigt und deshalb gute erste Erfahrungen gewonnen, können diese auf weitere Tandems übertragen werden. Und was manche möglicherweise höhere Kosten anbetrifft, schließen wir uns der Aussage von Fränzi Kühne an, die im Joint Leadership im Vorstand von edding arbeitet, und festgestellt hat: „Während sich manche Kosten addieren, multiplizieren sich die positiven Effekte.“ Insofern sind wir davon überzeugt, dass sich das Einführen von Joint Leadership schnell für die Organisation auszahlen wird. Und zwar in vielerlei Hinsicht.

 

Wenn Unternehmen Jobsharing einführen wollen, worauf sollten sie achten? Wer kann bei diesem Prozess unterstützen?

Wir empfehlen vor dem Einführen des Modells einen Strategie-Workshop mit den relevanten Entscheider:innen in der jeweiligen Organisation. Am besten auch mit Beteiligung von Unternehmensleitung, HR, Diversity, IT und Betriebs-/Personalrat. Geht es an die konkrete Umsetzung, sollte bereits der Rekrutierungsprozess auf die Tandem-Idee abgestimmt sein. Empfehlenswert ist eine gelungene Mischung gleicher sowie unterschiedlicher Kompetenzen, Erfahrungen und Persönlichkeitsmerkmalen. Gleiche bzw. vergleichbare Gehälter und eher geringe Unterschiede in den Zeitmodellen der Jobsharer:innen sind empfehlenswert. Die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten sollten sich ausreichend überlappen, um sich gut im Tandem abstimmen zu können.

Das Tandem sollte sich vor seinem gemeinsamen Start kennenlernen und über relevante Stellenaspekte austauschen können. Gegenseitige Sympathie ist entscheidend, um mit einem hohen Maß an Offenheit und Toleranz in das Joint Leadership Modell zu starten. Wichtig ist es auch, wenn ähnliche Werte und Haltungen geteilt werden. Unser Tipp:  Absprachen zwischen den Tandempartner:innen schriftlich in einem Tandem-Rahmenkonzept fixieren und gleichzeitig dem Tandem viel Freiraum geben, immer wieder nachjustieren zu dürfen. Wir unterstützen sowohl Organisationen als auch (zukünftige) Tandems in allen Phasen – von Vorträgen in der Impulsphase, der Planung über die Rekrutierungsphase, die Einführung bis hin zum Evaluieren der Pilotphase mit einem möglichen Rollout im Anschluss.  Unsere Erfahrung ist, dass gerade die ersten Tandems für alle weiteren erfolgsentscheidend sind. Daher empfehlen wir, sich bei der Vorbereitung und während eines Pilotprogramms fundiert begleiten und beraten zu lassen und auch den Tandems ein spezielles Tandem-Coaching bzw. Tandem-Kompetenz-Training zu ermöglichen. So kann das Tandem ideal unterstützt und zum win-win-Erfolg werden.

 

Über die Autorinnen:

Esther Himmen

Esther ist die Gründerin von JOYntLEADING® und unterstützt Unternehmen seit 2016 dabei, Jobsharing und Joint Leadership zum erfolgreich gelebten Arbeitsmodell zu etablieren. Durch ihre Forschung als M. Sc. Wirtschaftspsychologin und des B.A. International Managements gewann sie einen wissenschaftlich fundierten Rundumblick zum Thema Jobsharing, worüber sie auch mehrere Publikationen veröffentlicht hat. Privat lebt Esther mit ihrer Familie in Köln, liest und reist gerne und geht regelmäßig walken.

Carolin Weigel

Carolin WeigelCarolin bringt sich bei JOYntLEADING® ein als Arbeits- und Organisationspsychologin (M. A.) mit Fokus auf die Transformation der Arbeitswelt sowie mit ihrer langjährigen Erfahrung mit verschiedenen Jobsharing-Tandems Expertin für die Bereiche Wissenschaft, Organisationsentwicklung und Prozessmanagement.  Die Kölnerin liebt das Wandern, die Natur und gutes Essen.

Über JOYntLEADING®

JOYntLEADING®: Mit Freude gemeinsam führen. Das ist unsere Mission.

Das erfolgreiche Startup JOYntLEADING® unterstützt Führungskräfte, Expert:innen, Multiplikator:innen (z. B. HR-ler:innen, Berater:innen und Coaches) sowie Unternehmen dabei, die Arbeitsmodelle Joint Leadership und Jobsharing erfolgreich umzusetzen. Auf Basis der ökonomisch und psychologisch fundierten Hochschulausbildung und der langjährigen Berufserfahrung des JOYntLEADING-Teams bringt das Startup diverse Spezialkenntnisse mit. Diese umfasst selbstverständlich auch umfassende Expertise in der Begleitung komplexer Veränderungsprozesse in Organisationen, Leadership- & Team-Trainings sowie Tandem-Coachings.

Das Thema hat euch gefallen und ihr würdet am liebsten gleich mit Jobsharing starten? Dann haben Esther und Carolin hier noch weitere spannende Fakten zum Thema für Euch zusammengefasst: https://joyntleading.com/Fakten-zu-Jobsharing

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