Vereinbarkeit von Familie und Beruf–Ein Ländervergleich
In Deutschland ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eines der aktuellsten Themen der Politik- und Arbeitswelt. Auch in unseren europäischen Nachbarländern und in den großen Nationen dieser Welt ist Familienfreundlichkeit ein wichtiges Kriterium für Politiker, Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Unicef hat eine Studie zur Familienfreundlichkeit im europäischen Vergleich herausgegeben, zusätzlich wurden auch einige asiatische und amerikanische Länder, sowie Kanada, Australien, Neuseeland und die USA hinzugezogen.
Deutschland erreicht in dieser Studie den sechsten Rang hinter Schweden, Norwegen, Island, Estland und Portugal. Doch was macht diese Länder familienfreundlicher und warum schneiden Länder wie Großbritannien (Rang 28), die Schweiz (Rang 31) oder die USA im Vergleich schlechter ab?
Familienfreundlichkeit in anderen Ländern sollte auch für uns in Deutschland ein Thema sein, denn in der heutigen Zeit sind wir durch die Digitalisierung mit allen Arbeitsmärkten der Welt verbunden. Umsowichtiger wird es, die Strukturen dieser Märkte zu kennen. Ebenso kann jedem ein internationaler Wechsel des Arbeitsplatzes bevorstehen, über die Umstände vor Ort informiert zu sein, ist also unerlässlich. Und zu allerletzt kann die Familienfreundlichkeit sowohl in Deutschland noch verbessert werden, als auch weltweit, und das schaffen wir nur gemeinsam.
Im Folgenden stellen wir euch einige prominente und auffällige Beispiele internationaler Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor. Für weitere Informationen und Vergleichswerte hier klicken (Link zur Unicef Studie: https://www.unicef-irc.org/publications/pdf/Family-Friendly-Policies-Research_UNICEF_%202019.pdf)
Deutschland
Deutschland ist unter den Top 10 im Ranking der Studie! Durch das Feedback unserer Superheld*innen wissen wir jedoch, dass auch hierzulande noch Luft nach oben ist.
DIE FAKTEN:
Sowohl die Frauenerwerbstätigkeit als auch die Geburtenrate steigen seit einigen Jahren wieder an. 71,5% der Frauen üben aktiv einen Beruf aus. Die Geburtenrate liegt derzeit bei 1,57 Geburten pro Frau.
Auch die Erwerbstätigkeit der Mütter steigt, derzeit sind 70% der Mütter erwerbstätig, von diesen arbeiten jedoch 69% in Teilzeit.
Deutschen Müttern steht ein Mutterschutz von 14 Wochen zu, der vollbezahlt wird. Die Elternzeit von maximal drei Jahren kann partnerschaftlich aufgeteilt werden und wird in den ersten 12 Monaten bezahlt.
Das Angebot an Betreuungsplätzen in Deutschland liegt unter der Nachfrage. Deswegen kann die Suche nach einem Platz hierzulande wahrlich nervenauftreibend sein. Die Betreuungsquote ist dennoch vergleichsweise hoch. 33,1% der Kinder bis drei Jahren werden betreut. Unter den drei bis sechs Jährigen werden 93,6% der Kinder betreut.
VEREINBARKEIT IN DEUTSCHLAND:
Die Teilzeiterwerbstätigkeit ist in Deutschland das „beliebteste“ Arbeitszeitmodell für Mütter. 69% der Mütter arbeiten in einer Teilzeitstelle. Im Durchschnitt arbeitet eine Mutter 20 Stunden die Woche.
Was die Familienfreundlichkeit in deutschen Unternehmen angeht, geben 80% der Eltern an, dass sie die Familienfreundlichkeit in ihrem Betrieb nicht befriedigend finden. Jedoch ist für 90% der Eltern Familienfreundlichkeit eines der wichtigsten Kriterien bei der Jobwahl.
Elternzeit und Mutterschutz sind in Deutschland vergleichsweise gut. In der Studie erreicht Deutschland hier Platz 12.
Väter können sich an der Elternzeit beteiligen, diese wird teilweise bezahlt. 29% der Väter nehmen diese Zeit in Anspruch, im Durchschnitt beträgt die Elternzeit der deutschen Väter 3,2 Monate. An der familiären Kinderbetreuung haben die Väter einen Anteil von 22 – 36%. Aktiv berufstätig sind 86%.
Zwar ist die Kinderbetreuungsquote in Deutschland hoch, doch die Suche und auch die Art der Kinderbetreuung sind nicht zufriedenstellend. Wenige Kindergärten haben längere Öffnungszeiten. Die meisten öffnen um 8 Uhr und schließen um 16 Uhr.
In Deutschland gelingt es bisher noch mäßig, die Eltern zu entlasten. Zwar gibt es immer mehr flexible Stellen, doch gerade diejenigen die in Teilzeit arbeiten, befinden sich häufig in der Teilzeitfalle, da kein rechtlicher Anspruch auf Erhöhung der Stunden besteht. Sie sind also weiterhin auf Verständnis und Toleranz der Arbeitgeber angewiesen.
Schweden
Unsere skandinavischen Nachbarn erreichten – für viele wenig überraschend – den ersten Rang. Vieles scheint in Schweden besser zu funktionieren als im Rest der Welt.
DIE FAKTEN:
Im Durchschnitt gebärt eine Schwedin 1,75 Kinder. Über 80% der Frauen in Schweden sind berufstätig. Im europäischen Vergleich ist das Gefälle zwischen der Männer- und Frauenerwerbstätigkeitsquote mit eines der niedrigsten (-4.3 Prozentpunkte). Von den Frauen mit einem Kind unter 7 Jahren sind 82% erwerbstätig (95% der Väter).
Die schwedische Regierung wendet 3,1 Prozent des BIPs für Finanzleistungen für Familie und Kinder auf – dieser Anteil ist so hoch wie in keinem anderen EU-Land.
Schwedischen Müttern werden 35 Wochen Elternzeit (inkl. Mutterschutz) bezahlt, womit Schweden im Europa Vergleich nur auf Rang 17 fällt. Für die Väter stellt der Staat 10,9 Wochen zur Verfügung, hier liegt Schweden auf Rang 4. Insgesamt können 480 Tage Elternzeit genommen werden, wovon 390 unter den Eltern aufgeteilt werden. Jeder Elternteil ist dazu verpflichtet mindestens 60 Tag Elternzeit zu nehmen.
Unter drei Jahren befinden sich 51% der schwedischen Kinder in einer Tagesstätte. Im Alter von 3 Jahren bis zum Einschulungsalter steigt dieser Wert auf 97% an.
VEREINBARKEIT IN SCHWEDEN:
Warum Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Schweden so gut funktioniert, hat mehrere Gründe. Vor allem aber fördert der Staat die Erwerbstätigkeit von Eltern durch finanzielle Leistungen und gute Kinderbetreuung.
Vergleicht man die Zahl der berufstätigen Frauen ohne Kinder und derer mit Kindern fällt einem nur ein geringer Unterschied von wenigen Prozentpunkten auf. Im Gegensatz zu Deutschland arbeiten deutlich weniger Mütter in Teilzeit (ca. 40%). Teilzeitarbeitsplätze stehen den Schwedinnen dennoch zur Verfügung, ca. 71,9% der Unternehmen bieten derzeit Teilzeitstellen an. Auch in der Realisierung von Arbeitszeitflexibilisierung steht Schweden an der Spitze. Über 25% der Unternehmen haben diese schon realisiert.
Die Eltern sind verpflichtet mindestens 60 Tage Elternzeit zu nehmen, sonst erhalten sie keine Leistungen. In den ersten dreizehn von insgesamt sechzehn Monaten, in denen sich Vater oder Mutter um das Kind kümmert, erhalten die Eltern ein Elterngeld in Höhe von 80 Prozent des Einkommens.
Kinder in Schweden kommen durchschnittlich ab dem zweiten Lebensjahr in den Kindergarten. Ein Kindergartenplatz steht jedem Kind rechtlich zu, dies wird von 90% der Eltern in Anspruch genommen. Ein Platz kostet die Eltern für ihr erstes Kind 3% des Einkommens (maximal aber ca. 134€), für das zweite zwei Prozent und für das dritte ein Prozent. Für jedes weitere Kind ist der Besuch eines Kindergartens kostenlos. Höhere Gebühren sind per Gesetz verboten.
Zusätzlich zu den Kindertagesstätten nehmen viele Mütter, gerade auch in ländlicheren Regionen, Tagesmütter in Anspruch. Diese werden vom Staat sehr unterstützt, denn das System legt Wert auf die Unabhängigkeit der Familienmitglieder. Großeltern sollen seltener einspringen müssen.
Das Betreuungsangebot (sowohl Kindergarten als auch Schule) ist an die berufstätigen Eltern angepasst. Mit frühen Öffnungszeiten und späten Schließzeiten fällt es den Schweden deutlich leichter Familie und Beruf zu vereinbaren.
Auch das Verständnis für Väter, die sich um Familienaufgaben kümmern, ist in Schweden deutlich höher. Das ist alleine schon an der Verpflichtung zur 60-Tage-Elternzeit festzustellen. Aber auch im Arbeitsklima berichten viele Schweden von einem verständnisvollen Umgang. Man kann sagen, dass von Vätern beinahe erwartet wird, sich Zeit für ihre Kinder zu nehmen.
Einen weiteren Schritt voraus sind uns die Schweden im Bereich partnerschaftliche Aufteilung, welche erwiesenermaßen ebenfalls zu einer guten Vereinbarkeit beiträgt. Während in Deutschland Mütter ihre Arbeitsstunden nach der Geburt drastisch reduzieren, steigt das Arbeitspensum der Väter oft. In Schweden passiert das Gegenteil: Frauen reduzieren nur um wenige Stunden, ebenso tun es die Väter. Auch im Haushalt funktioniert die Aufteilung laut Statistiken besser. Während ein deutscher Vater nur 12,4h pro Woche mit Hausarbeit verbringt, sind es bei den Schweden 18,1h.
Schweiz
Inserem Nachbarland zeigt sich, dass das Selbstverständnis von funktionierender Vereinbarkeit noch nicht überall angekommen ist. In der bereits angesprochenen Studie fiel die Schweiz auf den letzten Platz im europäischen Vergleich.
DIE FAKTEN:
Im Durchschnitt gebärt eine Frau in der Schweiz 1,54 Kinder in ihrem Leben. In der Schweiz arbeiten, wie in Schweden, über 80% der Frauen. Blickt man jedoch auf die Zahl der berufstätigen Mütter sinkt dieser Wert auf 70,2%. Das häufigste Arbeitszeitmodell in der Schweiz ist die Teilzeit: 82,7% der erwerbstätigen Mütter arbeiten nicht in Vollzeit. Mit diesem Wert liegt die Schweiz im europäischen Vergleich auf dem zweiten Platz.
Im Gegensatz dazu arbeiten rund 80% der Väter in Vollzeit, deutlich mehr als Männer ohne Kinder (hier rund 50%).
Mütter können in der Schweiz 14 Wochen Mutterschaftsurlaub nehmen, für Väter ist kein Vaterschaftsurlaub reserviert.
Wenn Eltern ihre Kinder betreuen lassen, kostet sie dies in der Schweiz im Durchschnitt 24% ihres Einkommens.
Laut Befragungen glauben 59,4% der Schweizer, dass die Berufstätigkeit der Mutter dem Kind schadet. 51,4% stimmen der Aussage zu, dass Frauen eigentlich nur „ein Heim und Kinder“ wollen und der Beruf ihnen nicht wichtig wäre.
VEREINBARKEIT IN DER SCHWEIZ:
Die Bedingungen für berufstätige Eltern in der Schweiz werden heiß diskutiert. Viele machen die konservative Einstellung dafür verantwortlich, dass die Schweiz an Attraktivität für Arbeitnehmer verliert.
Viele Bürger werfen dem Staat vor, zu wenig Geld in die Familien zu investieren. Wirtschaft habe hier die erste Priorität.
Das fällt bereits bei der Betrachtung des Betreuungsangebotes auf: Nur zwei Drittel der Kinder ab 3 Jahren haben einen Kindergartenplatz. Etwa 20% der Eltern geben an, dass ihre Kinder nicht im gewünschten Umfang betreut werden. Tatsächlich verzichten mittlerweile sogar 20% der Eltern auf das Betreuungsangebot, wenn denn vorhanden, weil dieses zu teuer ist.
Die geringe Wochenzahl Mutterschaftsurlaub wird noch dadurch unterstrichen, dass die meisten Mütter fürchten müssen, ihren Job zu verlieren, sollten sie nicht rechtzeitig wieder am Schreibtisch sitzen. Wollen Väter Elternzeit nehmen stößt dies auf Unverständnis.
Die Schweiz hat in Sachen Vereinbarkeit noch einen weiten Weg vor sich, um als familienfreundlich wahrgenommen zu werden.
Großbritannien
Ebenfalls im unteren Drittel des Unicef Rankings findet sich Großbritannien wieder. Zwar gibt es einige Bereiche, in denen die Briten bereits sehr gut aufgestellt sind, aber für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf reicht es bisher noch nicht aus.
DIE FAKTEN:
Eine Frau in Großbritannien gebärt in ihrem Leben durchschnittlich 1,8 Kinder, damit liegt Großbritannien in unserem Vergleich im Mittelfeld.
Die Erwerbstätigkeit von Frauen beläuft sich in Großbritannien auf 70,3%, die der Männer auf 79,1%. Unter den kinderlosen Frauen liegt die Erwerbstätigkeit bei 84%, bei Frauen mit einem Kind zwischen 0 und 14 Jahren sinkt sie auf 72%. Sie nimmt stetig ab mit der Anzahl der Kinder (Zwei Kinder: 68%, Drei oder mehr Kinder: 48%). In Teilzeit arbeiten 60% der Mütter.
Den britischen Müttern stehen insgesamt 54 Wochen Mutterschaftsurlaub zu, im europäischen Vergleich der höchste Umfang. Hiervon werden jedoch lediglich 26 Wochen bezahlt. Britische Väter können eine Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen beantragen.
VEREINBARKEIT IN GROSSBRITANNIEN
Seit Ende der 1990er Jahre ist die gelungene Vereinbarkeit von Familie und Beruf eines der wichtigsten Ziele der britischen Politik. Daraus folgten die Erhöhung des Kindergeldes und eine schrittwiese Individualisierung der Familienbesteuerung. Auch eine Modernisierung des Arbeitsmarktes hin zu einem familienfreundlichen Markt wurde gefordert.
Seither nimmt sich die britische Regierung die Familienpolitik immer mehr zu Herzen: Das Kinderbetreuungsangebot wurde erhöht, der Mutterschaftsurlaub von 54 Wochen beschlossen, sowie eine rechtliche Regelung für flexible Arbeitszeiten für Mütter von Kindern unter 6 Jahren durchgesetzt.
72,7% der britischen Unternehmen bieten mittlerweile flexible Tages- oder Wochenarbeitszeiten an. Auch Teilzeitstellen bieten 85,7% der Unternehmen an. Im Schnitt haben mittlerweile rund 25% der Unternehmen eine Arbeitszeitflexibilisierung erreicht. Und auch während der Elternzeit bieten 65,3% der Unternehmen eine weiterführende Beschäftigung in Teilzeit an.
Den Eltern wird nach der Geburt eine dreimonatige unbezahlte Freistellung gewährt.
Das Kinderbetreuungsangebot in Großbritannien ist weitestgehend gut ausgebaut. Die meisten Betreuungsstätten bieten eine Ganztagsbetreuung an, sowohl in Kindergärten als auch in den Schulen. In Unternehmen liegt der Anteil an betrieblichen Kindergärten bei 3,6%.
Den Vätern steht in Großbritannien ein Vaterschaftsurlaub von 2 Wochen zu, der mit bis zu 90% des Gehalts bezahlt wird. Dieses Angebot nehmen 91% der Väter in Anspruch, jedoch nehmen lediglich 16% einen längeren Vaterschaftsurlaub als die angebotenen zwei Wochen.
61% der Väter in Großbritannien arbeiten mehr als 40 Stunden in der Woche. Ihr zeitliches Engagement für ihre Kinder beläuft sich am Tag auf eine Stunde und 24 Minuten.
Grundsätzlich sind die Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Aufteilung in Großbritannien verbesserungswürdig, die meisten Aufgaben und auch die Arbeitszeitreduktion bleibt den Müttern überlassen.
Österreich
Österreich sieht sich mit ähnlichen Herausforderungenkonfrontiert wie Deutschland. Auch wenn der Wille da zu sein scheint, hakt es noch an vielen Ecken und Enden. Eine gelungene Vereinbarkeit ist noch Zukunftsmusik.
DIE FAKTEN:
Eine Frau in Österreich bekommt in ihrem Leben durchschnittlich 1,49 Kinder. Die Erwerbstätigkeit der Frauen liegt relativ niedrig bei 68,6%. Auffällig ist die hohe Teilzeitrate, fast 50% der österreichischen Frauen sind in Teilzeit beschäftigt. Als Grund geben zwei Drittel an, dass sie einer Betreuungspflicht von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen nachgehen müssen.
Die Erwerbstätigkeit der Mütter liegt bei 66,9%. Von ihnen arbeiten drei Viertel in Teilzeit. Bei den Vätern sind es nur etwa 8%. Einer Erwerbstätigkeit gehen 92,7% der Väter nach.
Der Staat gewährt den Müttern einen Mutterschutz von 16 Wochen, dieser wird von der Krankenkasse mit einem Wochengeld bezahlt. Die sogenannte Erziehungszeit kann in Österreich bis zum Ende des zweiten Lebensjahres andauern und in Ausnahmefällen auch bis zum 7. Lebensjahr aufgeschoben werde. Väter können sich an dieser Erziehungszeit beteiligen.
VEREINBARKEIT IN ÖSTERREICH:
In den letzten Jahren ist die Unterstützung von Familien in Österreich deutlich gestiegen. Der Staat gibt seither 830 Millionen Euro mehr für die Familienbeihilfe aus.
In der Arbeitswelt fehlt jedoch einiges an Unterstützung, wenn man sich die Zahlen ansieht. Die Teilzeitbeschäftigung ist der Regelfall für Mütter. Dabei bieten mittlerweile fast alle Unternehmen Home-Office an. Diese Regelung kommt aber nur wenigen Mitarbeitern zugute. Präsenz wird immer noch großgeschrieben. Auch Gleitzeit bieten derzeit 53% der Unternehmen an, aber wenige Mütter werden auf diese Stellen aufmerksam gemacht.
Mutterschutz und Erziehungszeit stehen jeder Mutter zu. Während der Mutterschutz mit einem Wochengeld bezahlt wird, richtet sich die Bezahlung der Erziehungszeit nach einer Pauschale und der Dauer des Bezugs. Eltern haben währendder Erziehungszeit ein vom Staat gegebenes Recht auf Elternteilzeit.
Weiterhin erhalten Eltern in Österreich ein Kinderbetreuungsgeld, sowie ein Schulstartgeld in Höhe von 100€.
Die Kinderbetreuungsquoten ähneln den deutschen Werten. 26,1% der Kinder unter drei Jahren werden betreut. Im Alter von drei bis sechs Jahren sind es 93,7%. Österreich sieht sich mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert wie Deutschland: Zu wenig Angebot bei steigender Nachfrage.
Die österreichische Politik führt zwar immer mehr Entlastungsmöglichkeiten für Eltern ein, aber es scheitert an der Kommunikation. Mütter werden nicht auf familienfreundliche Unternehmen aufmerksam gemacht, eine staatliche Unterstützung von familienfreundlichen Betrieben gibt es bishernoch nicht.
Frankreich
Frankreich gilt neben den skandinavischen Ländern als eines der Vorbilder bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für die Franzosen ist es selbstverständlich, dass auch die Mütter voll erwerbstätig sind und ein Recht auf eine eigene Karriere haben.
DIE FAKTEN:
Die Französinnen gebären im Durchschnitt 1,96 Kinder in ihrem Leben. Trotz diesem hohen Wert sind über 80% der Frauen in Frankreich erwerbstätig, davon mehr als 50% in Vollzeit. Von den Müttern sind rund 74% berufstätig.
Zwar sind diese Werte mittlerweile ähnlich zu den Deutschen – man vermutet auch, dass Deutschland und Frankreich sich immer weiter annähern werden – aber befragt man die Beschäftigten sind in Frankreich 77% der Meinung, dass sich Beruf und Familie gut vereinbaren lassen, während es in Deutschland nur 49% sind.
Die Teilzeitbeschäftigungsquote liegt in Frankreich unter 40%, fast die Hälfte der deutschen Quote.
Mütter haben Anspruch auf 16 Wochen Mutterschutz beim ersten Kind, bei Mehrlingsgeburten kann die Dauer auf bis zu 46 Wochen steigen. Durch Gewerkschaften kann es neben den gesetzlichen Regelungen auch noch weitere vorteilhafte Vereinbarungen für die Mütter geben.
Haben die Arbeitnehmer vor der Geburt des Kindes mindestens ein Jahr im Unternehmen gearbeitet, haben sie Anspruch auf eine Erziehungszeit. Zunächst wird ein Jahr beantragt, dieser Antrag kann jedoch zweimal verlängert werden. Insgesamt können also 3 Jahre Elternzeit genommen werden. Der Antrag darf vom Arbeitgeber nicht abgelehnt werden.
VEREINBARKEIT IN FRANKREICH:
Flexible Arbeitszeiten werden in Frankreich nur selten genutzt. Das landestypische Bild einer Mutter ist die Vollzeit-Mama, die ohne Probleme Beruf und Familie verbindet. Seit 2008 gibt es die sogenannte Charta de la Parentalité en Entreprise, welche familienfreundliche Unternehmen auszeichnet. Die Charta ist eine staatliche Initiative und soll Unternehmen zu einem familienfreundlichen Ausbau motivieren.
Die französische Regierung setzt für eine bessere Vereinbarkeit am Arbeitsmarkt an und fördert die Erwerbstätigkeit von Müttern sowie Vätern. Tatsächlich wird auch die Vollbeschäftigung mehr gefördert, wenn auch in nur 10% der Unternehmen eine Arbeitszeitflexibilisierung bisher realisiert ist.
Lediglich 30% der Unternehmen bieten eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit an. Grund hierfür ist vor allem, dass die „Babypause“ in Frankreich fast schon verpönt ist.
Mutterschutz und Erziehungszeit stehen jeder Mutter zu, die die Bedingungen erfüllt. Verlängerungen der normal einjährigen Erziehungszeit dürfen vom Arbeitgeber nicht abgelehnt werden. Für die Erziehungszeit kann man unter bestimmten Voraussetzungen eine finanzielle Unterstützung beantragen.
Ab dem 2. Kind gewährt Frankreich den Eltern ein Kindergeld, vorausgesetzt die Kinder leben permanent in Frankreich. Das Kindergeld beläuft sich auf 131,16€ für zwei Kinder, für drei Kinder auf 299,20€ und für jedes weitere Kind 168,04€. Ab dem 14. Lebensjahr kommt ein Aufschlag für jedes Kind von 65,58€ hinzu.
Das französische Betreuungsangebot ist weitläufig ausgebaut und auch darauf ausgerichtet Eltern zu entlasten. Bereits 30% der Kinder unter drei Jahren werden betreut. Unter den drei bis sechsjährigen steigt dieser Wert nahezu auf 100%. Jedes Kind hat in Frankreich ein Recht auf einen Betreuungsplatz. Dieses Recht wird aber, vom Staat gewollt, durch die Berufstätigkeit der Eltern nochmals gestärkt. 60% aller betreuten Kinder unter sechs Jahren haben zwei berufstätige Eltern.
Die Väter arbeiten im Schnitt 40 Stunden in der Woche. In 45% der französischen Familien arbeiten beide Elternteile in Vollzeit und teilen sich die restliche Arbeit partnerschaftlich auf. Elternzeit nehmen die Väter so gut wie nie. Nur etwa 4% nehmen das Angebot in Anspruch. Ziel des französischen Staates ist es aktuell, die Inanspruchnahme der Elternzeit für Väter zu steigern.
Auch wenn sich Deutschland Frankreich statistisch immer weiter annähert, sind die kulturellen Normen in beiden Ländern noch stark abweichend. Das Selbstverständnis für berufstätige Mütter und die staatliche Förderung der Erwerbstätigkeit unterstützt Familien stark in der Vereinbarkeit.
Portugal
Auf Platz 5 der Studie steht Portugal, ein Land, über das man beim Thema Familienfreundlichkeit eigentlich wenig weiß.
DIE FAKTEN:
Auf den ersten Blick sind die Werte aus dem südeuropäischen Land eher ernüchternd. Die Geburtenrate liegt niedrig bei 1,31 Geburten pro Frau. Nur 62,4% der Frauen gehen einer Beschäftigung nach.
Erst wenn man sich die Vergleichswerte dazu holt, fällt die Stärke von Portugal auf. Neben den 62,4% der beschäftigten Frauen sind nämlich auch nur 68,9% der Männer beschäftigt. Die Quoten liegen hier also nah beieinander. Des Weiteren unterscheidet sich die Beschäftigungsquote von kinderlosen Frauen und die von Müttern seit Jahre kaum. Mütter scheinen in den Betrieben weiterhin als vollwertige Angestellte wahrgenommen zu werden.
Der Mutterschutz kann in Portugal bis zu 72 Tage betragen. 64 Tage nach der Entbindung sind für jede Mutter verpflichtend. Der Mutterschutz wird bezahlt. An den Mutterschutz kann die Elternzeit angehängt werden, welche in Portugal 120-150 Tage betragen kann und ebenfalls bezahlt wird. Gewisse Sonderregelungen für beispielweise Mehrlingsgeburten regeln die genaue Dauer der Elternzeit.
VEREINBARKEIT IN PORTUGAL:
Portugal wird als vollzeitdominiertes Land bezeichnet. Nur etwa 15% arbeiten in Teilzeit. Auch unter den Müttern ist die Quote ähnlich niedrig.
Die meisten Frauen können ohne Probleme in ihren Beruf zurückkehren und dank Unterstützungsmaßnahmen auch zu den gleichen Konditionen weiterarbeiten, wenn sie aus der Elternzeit beziehungsweise dem Mutterschutz wiederkehren.
Für die Väter gilt ein verpflichtender Vaterschaftsurlaub von 15 Werktagen. 5 davon müssen aufeinanderfolgend nach der Geburt liegen. Die restlichen 10 Tage können frei in den ersten 30 Tagen nach der Geburt liegen. Freiwillig können noch weitere 10 Tage angehängt werden.
Das portugiesische Eltern fast normal weiterarbeiten, zeigt auch die Kinderbetreuungsquote. Während in den meisten anderen Ländern die Betreuungsquote bei Kindern unter drei Jahren immer um die 30% liegt, liegt sie in Portugal bei 50%. Von den Kindern zwischen drei und sechs Jahren werden 92,7% betreut.
Portugal scheint es zu gelingen, dass Eltern durch die Geburt ihrer Kinder nicht auf dem Arbeitsmarkt geschwächt werden. Sie können durch frühzeitige Betreuungsmöglichkeiten und Unterstützungsmaßnahmen normal in ihrem Job weiterarbeiten.
USA
Die USA liegen in Sachen Familienfreundlichkeit weit zurück. Staatliche Förderungen und flexible Arbeitszeiten findet man hier nur vereinzelt.
DIE FAKTEN:
Verwunderlich ist es deswegen auch nicht, dass die Frauenerwerbstätigkeit in den USA, anders als in anderen Ländern, sinkt. Während um 2000 noch 75% der Frauen erwerbstätig waren, sind es heute nur noch 65%. Die Geburtenrate liegt dafür im Vergleich relativ hoch bei 1,8 Geburten pro Frau.
Die Erwerbstätigkeit unter den Müttern ist jedoch, anders als anzunehmen, durchschnittlich. 70% der Mütter sind berufstätig. Die meisten Mütter bleiben in ihrem Job und arbeiten nach der Geburt wie gewohnt weiter. Einen Mutterschutz oder eine lange Auszeit gibt es in den USA nicht, wer nach drei Monaten nicht wieder an seinem Arbeitsplatz sitzt, läuft Gefahr den Job zu verlieren.
Zwei Drittel der amerikanischen Mütter üben eine Ganztagsbeschäftigung aus. Teilzeitbeschäftigungen werden fast schon gefürchtet, zu groß ist die Angst vor niedrigem Einkommen oder Kündigung. Mütter in den USA müssen/wollen Karriere machen.
VEREINBARKEIT IN AMERIKA:
Flexible Arbeitszeiten werden für Mütter zwar oft angeboten, jedoch selten in Anspruch genommen. Diejenigen, die dennoch in Teilzeit arbeiten klagen, dass diese Entscheidung ihr Karriereende mit sich gezogen hat. Viele Teilzeitbeschäftigte in den USA haben weder Anspruch auf bezahlte Kranken- oder Urlaubstage, noch sind sie renten- oder krankenversichert. Für den Großteil stellen flexible Arbeitszeiten somit keine Erleichterung der Vereinbarkeit dar.
Mutterschutz existiert in den USA nicht. Lediglich ein Elternurlaub von drei Monaten wird genehmigt. Den Anspruch hierauf haben aber auch nur Eltern, die in einem Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern arbeiten. Bezahlt wird dieser nicht. Kommt die Mutter nach der Geburt nicht innerhalb von drei Monaten wieder, droht die Kündigung.
Die einzige Ausnahme bildet San Francisco. Seit 2016 existiert hier eine sechswöchige bezahlte Elternzeit. Auch in New York werden mittlerweile 12 Wochen Elternzeit mit der Hälfte des vorherigen Einkommens bezahlt.
Von den Vätern nehmen mittlerweile 89% den Elternurlaub in Anspruch, jedoch der Großteil nur für wenige Tage. Von ihnen arbeiten 83% in einer Vollbeschäftigung, trotzdem nehmen sie mit 36-43% einen großen Teil der familiären Kinderbetreuung ein.
Im Betreuungsangebot gibt es von der staatlichen Seite kaum Unterstützung, die meisten Betreuungsstätten werden privatwirtschaftlich organisiert. Somit haben nur etwa ein Drittel aller Familien die Möglichkeit, ihre Kinder in organisierten Einrichtungen betreuen zu lassen. Und auch wenn ein Platz gefunden ist, scheitert es oft an der Finanzierung, denn gerade in Großstädten kann ein Betreuungsplatz sehr teuer werden, teilweise bis zu §1000 pro Monat. Die Eltern sind oft auf sich selbst und die Hilfe ihrer Angehörigen angewiesen. Zusätzlich dazu sind in den USA Nannys und Au Pairs eine große Unterstützung.
Trotz der nicht ganz optimalen Rahmenbedingung können die meisten Mütter in den USA Karriere machen. Zweifeln kann man jedoch an der Art und Weise dieser fast schon erzwungenen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Viele Aspekte müssen in den USA noch bearbeitet und umgestaltet werden.
Fazit:
Viele Länder sind auf einem guten Weg, gelungene Vereinbarkeit zu realisieren. Dennoch fehlen noch einige unterstützende Maßnahmen. Schweden, Portugal und Frankreich liegen hier schon ganz weit vorne, denn die Politik setzt am richtigen Punkt an: Sie möchte die Eltern entlasten und fördert Kinderbetreuung, finanzielle Ausgleiche und familienfreundliches Arbeiten. Diese Wende zeichnet sich ebenso in Deutschland und Österreich ab. Viel geschehen muss jedoch noch in der Schweiz und den USA, hier sind die Bedingungen für familienfreundliches Arbeiten noch nicht optimal.